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Senioren im Fokus

Arbeitsgruppe „Soziale Dienste“ trifft sich erstmals in Pilsen

 PILSEN (Tschechische Republik).
Auftakt für die Arbeitsgruppe „Soziale Dienste“: Das im Rahmen des neuen EU-geförderten Projekts „Oberpfalz-Pilsen: Gemeinsame Herausforderungen - Gemeinsame Lösungen“ der seit 2001 bestehenden Regionalkooperation Oberpfalz-Pilsen eingerichtete grenzüberschreitende Gremium trat vergangene Woche erstmals in Pilsen zusammen. Eingeladen hierzu hatten Filip Zapletal, Leiter der Abteilung für Soziale Angelegenheiten bei der Pilsener Regionsbehörde, und seine Kollegin Veronika Jírková. Von Pilsener Seite nahmen weiterhin Klára Vyletová und Ivona Pavelková teil. Aus der Oberpfalz waren Dr. Benedikt Schreiner, Direktor der Bezirksverwaltung, Marje Mülder, Leiterin der Bezirkssozialverwaltung, Ann-Kathrin Magin und Thomas Kammerl (beide Bezirk Oberpfalz) angereist. Gemeinsam tauschte man sich zwei Tage lang zum Thema „Betreuung von Senioren“ aus.
Filip Zapletal empfing seine Gäste zunächst in der Pilsener Semler-Residenz, einem Architekturdenkmal von Adolf Loos aus dem vergangenen Jahrhundert, und gab einen Überblick über die Seniorenpolitik in der Region Pilsen. Die wichtigsten Bereiche sind hierbei die Unterstützung der Rentner durch soziale Dienste, die Förderung von Freizeit- und Aktivierungsmaßnahmen sowie die Unterstützung für Familien. Dabei wird versucht, vor allem Dienstleistungen vor Ort zu unterstützen, um den Senioren einen möglichst langen Aufenthalt in ihrer gewohnten Umgebung zu ermöglichen. Gerade im Grenzgebiet bzw. in weniger bevölkerten Regionen stellt sich jedoch oft das Problem der lokalen Erreichbarkeit. Zudem übersteigen die tatsächlichen Kosten der Dienstleistungen oftmals den gesetzlich vorgegebenen Rahmen. 

Wie man in der Region Pilsen mit diesen Herausforderungen umgeht, demonstrierten Zapletal und seine Kolleginnen nachfolgend anhand einiger Praxisbeispiele, die durch die Regionsbehörde unterstützt werden. Auf der Agenda stand zunächst der Besuch des Zentrums für Generationen- und Freiwilligenarbeit TOTEM in Pilsen. Hier versucht man, über Aktivierungsprogramme und ehrenamtliche Projekte die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Generationen sowohl im familiären wie im gesellschaftlichen Umfeld zu stärken. Ziel des Zentrums ist es, Senioren mehr in das gesellschaftliche Leben einzubeziehen, ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten bzw. ihr Selbstvertrauen zu fördern und ihr Interesse am weiteren Lernen zu wecken. Zugleich sollen aber auch die Beziehungen zwischen den Generationen gefestigt und Kinder und Familien bei der Bewältigung schwieriger Lebenssituationen unterstützt werden, um so ein natürliches und gesundes Umfeld für das Zusammenleben aller Generationen zu schaffen.

Am zweiten Tag fuhr die Arbeitsgruppe weiter in die rund eine Stunde südlich von Pilsen gelegene Kleinstadt Kdyně. Dort besichtigte man die Einrichtung „Zu Hause in Kdyně", die mit sieben Pflegerinnen und drei Krankenschwestern sowie Sozialarbeitern rund 90 Senioren im Umfeld der Stadt betreut und diese bei der Hygiene, Ernährung, Haushalts- und Krankenpflege unterstützt. Ziel ist auch hier gemäß Direktorin Lucie Routová, die Menschen so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung zu belassen und sie in ihren Aktivitäten zu fördern. So werden Ausflüge organisiert, Kompetenzen trainiert und es gibt einen Senioren-Club sowie eine Senioren-Akademie, um der Vereinsamung im Alter entgegenzuwirken und die Weiterbildung anzuregen. Neu hat man zudem eine Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige ins Leben gerufen, um diese aktiv zu begleiten und bei Problemen Hilfestellung zu leisten. Die Einrichtung arbeitet dabei eng mit der Stadt Kdyněals Träger, mit der lokalen Ortsaktionsgruppe Pošumaví (eine Art Regionalentwicklungsagentur) und mit dem örtlichen Seniorenheim zusammen.
Dieses stand auch als letzter Besuchspunkt auf dem Programm. Leiterin Lucie Wiesnerová erläuterte, dass das Heim derzeit mit 80 Angestellten 101 Bewohner betreut und zudem zwei Plätze für den sogenannten Erleichterungsdienst vorhält. Das bedeutet, dass pflegende Familien ihre Angehörigen für bis zu einem Monat vorübergehend in dem Heim unterbringen können, um selbst entlastet zu werden. Herausragend ist zudem, dass in Kdyně eine vollständige Digitalisierung der Pflegedaten gelungen ist. Die direkte elektronische Speicherung von medizinischen und sozialen Daten über eine App erleichtert dabei die Arbeit des Pflegepersonals und verkürzt den Dokumentationsprozess, da viele Pflegeaktivitäten bereits hinterlegt sind und in der App nur noch bestätigt werden müssen. Ebenso spielt das sensible Thema „Sterben“ im Heim eine wichtige Rolle. Auch hier nimmt Kdyněeine Vorreiterrolle ein und hat ein multidisziplinäres Palliativteam zusammengestellt, das den Sterbenden und ihren Angehörigen betreuend zur Seite steht. 

Die Besucher aus der Oberpfalz konnten viele neue Eindrücke aus Pilsen mitnehmen. Zugleich wurden Themen von gemeinsamer Relevanz wie der Fachkräftemangel im Pflegebereich diskutiert und Unterschiede wie Gemeinsamkeiten zwischen dem deutschen und dem tschechischen System besprochen. Auf dieser Grundlage will die Arbeitsgruppe ihre Tätigkeit fortführen und weitere Kooperationsmöglichkeiten prüfen. Das nächste Treffen ist bereits für das Frühjahr 2024 geplant. Dann wird man sich in der Oberpfalz zum Thema „Pflege“ weiter austauschen.     

Die  TeilnehmerInnen der Arbeitsgruppe (v.li.n.re.): Veronika Jirková, Ann-Kathrin Magin, Thomas Kammerl, Marje Mülder, Filip Zapletal, Klára Vyletová, Ivona Pavelková, Dr. Benedikt Schreiner, Vladka Merunková und Lucie Routová (Bild: Dr. Meinke/Bezirk Oberpfalz).