Leichte SpracheSuche

Jugendforensik und Lebenshilfe als Themenschwerpunkte

Gruppe des Bezirksamtes Pilsen besucht Sozialverwaltung des Bezirks Oberpfalz und Oberpfälzer Einrichtungen

Regensburg. Noch rechtzeitig vor der Weihnachtspause stattete eine Gruppe der Sozialabteilung des Bezirksamtes Pilsen dem Bezirk Oberpfalz einen weiteren Arbeitsbesuch ab. Auf Einladung von Dr. Benedikt Schreiner, Leiter der Bezirkssozialverwaltung, kam Filip Zapletál, Leiter der Pilsener Sozialabteilung, Anfang vergangener Woche mit seinen Kolleginnen Dagmar Steinbachová und Veronika Jirková sowie mit Dolmetscher Alexander Kříž nach Regensburg, um den bisherigen Austausch zwischen beiden Behörden fortzuführen.

Nachdem man sich letztmalig im Sommer zum Thema Frühförderung in der Oberpfalz getroffen hatte, standen diesmal die Jugendforensik des Bezirksklinikums, die Regensburger Werkstätten der Lebenshilfe in Obertraubling und die neue Förderstätte der Lebenshilfe in Burgweinting auf dem Programm. Die Jugendforensik in Regensburg stellt dabei eine Besonderheit dar, ist sie doch bayernweit die einzige Einrichtung ihrer Art und wurde 2017 als Pilotprojekt der Bayerischen Staatsregierung gestartet.

Dr. Sofie Ticks, Leitende Oberärztin in der Jugendforensik und stellvertretende Maßregelvollzugsleiterin (Gesamtforensik), nahm sich dementsprechend Zeit, um den Gästen aus Pilsen das Konzept und die Räumlichkeiten ausführlich zu erläutern. Wesentlicher Unterschied des tschechischen Systems ist, dass dort die Jugendlichen nach einer psychiatrischen Begutachtung in der Justizvollzugsanstalt in einer dieser angeschlossenen Abteilung untergebracht werden. In Deutschland hingegen wird der Maßregelvollzug gesondert durchgeführt und zwischen den Paragraphen 63 und 64 des Strafgesetzbuches unterschieden. In ersterem Fall kann aufgrund einer schweren psychischen Grunderkrankung eine unbefristete Unterbringung in der Jugendforensik erfolgen, wohingegen in zweiterem Fall eine Sucht oder Abhängigkeit zugrunde liegt und der Aufenthalt mit begleitender Suchttherapie auf 1,5 Jahre befristet ist. In der Jugendforensik Regensburg, die deutschlandweit eine von elf Einrichtungen ist, stehen 20 Plätze auf zwei Stationen zur Verfügung, in denen Patientinnen und Patienten im Alter von 15 bis 22 Jahren untergebracht sind. Im Laufe des fünfjährigen Bestehens kam es bislang zu acht dauerhaften Entlassungen, wobei Sozialverhalten und Sozialkompetenztraining wichtige Bausteine für eine erfolgreiche Therapie sind. Insgesamt geht es gemäß Dr. Ticks darum, die Straftaten, wegen denen die Einlieferung erfolgte, künftig zu verhindern.

Filip Zapletál und seine Kolleginnen zeigten sich sehr interessiert an dieser Thematik und nahmen viele Informationen mit auf den Weg, steht doch in der Tschechischen Republik eine Psychiatriereform an. Als gemeinsame Problematik stellten beide Seiten jedoch auch fest, dass sowohl diesseits wie jenseits der Grenze ein Mangel an Kinder- und Jugendpsychiatern herrscht und Personal trotz des hohen Bedarfs kaum zu finden ist.

Beim Besuch der Regensburger Werkstätten der Lebenshilfe in Obertraubling ging es hingegen um das Ermöglichen einer angemessenen beruflichen Bildung und Beschäftigung für Menschen mit Behinderung. Johann Halbritter, Geschäftsführer des Vereins Lebenshilfe und Regensburger Werkstätten, sowie Vereinsvorsitzender Friedrich Weinbeck, Werkstattleiter Christian Reinwald und Frauen-Beauftragte Marcela Vavricka-Gerl führten gemeinsam durch die Räumlichkeiten und stellten die verschiedenen Arbeitsbereiche vor. So werden in Obertraubling unter anderem Bremssysteme, Transformatorenelemente und Teile für den Getränkeanlagenhersteller Krones gefertigt.

In der in der Nähe gelegenen und erst neu errichteten Lebenshilfe-Förderstätte Burgweinting, die als nächster Punkt auf dem Programm stand, finden Menschen mit Mehrfachbehinderung eine optimale Betreuung. Die Förderstätte ermöglicht den Betreuten die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch Schaffung eines strukturierten Tagesablaufes. Weiteres Ziel ist auch hier die schrittweise Vorbereitung auf ein Arbeitsleben in den Werkstätten. In kleine Gruppen eingeteilt, erhalten derzeit 24 Menschen Unterstützung, wobei ein spezieller Raum für Bewegungstherapie, ein Entspannungsraum mit speziellem Wasserbett, Musik- und Lichteffekten (Snoezelenraum) und ein Speisesaal mit abgestimmtem Essensangebot zur Verfügung stehen. Der Bezirk Oberpfalz ist sowohl im Arbeitsbereich der Werkstatt wie in der  Förderstätte Hauptkostenträger, zusätzlich werden in der Werkstätte die ersten 27 Monate im Eingangsverfahren / Berufsbildungsbereich insbesondere durch die Agentur für Arbeit / Deutsche Rentenversicherung oder Versicherungen übernommen.

Ebenso durch den Bezirk unterstützt wird das Café Vielfalt der Lebenshilfe, das den Abschluss des zweitägigen Besuchs der Pilsener Kolleginnen und Kollegen bildete. In der ehemaligen Abstellhalle des evangelischen Zentralfriedhofs Regensburg untergebracht, ist es Ausbildungsstätte und Prestigeprojekt zugleich, das auch in den Medien aufgrund seiner Einzigartigkeit besondere Resonanz erfährt. Gemeinsam mit zwei Betreuern finden hier bis zu acht Menschen mit Behinderung eine Beschäftigung.

Filip Zapletál bedankte sich im Namen seiner Gruppe umfassend für den informativen Austausch und sicherte eine weiterführende Zusammenarbeit zu. Nächstmalig wird das Bezirksamt Pilsen im Frühsommer 2023 zu einem Arbeitstreffen in den tschechischen Nachbarbezirk einladen. Thematisch soll es dann um Pflege- und Altenheime und die diesbezüglichen Herausforderungen der Digitalisierung gehen.

Johann Halbritter, Friedrick Weinbeck, Marcela Vavricka-Gerl (v.l.) und Christian Reinwald (5 v.l.) führten die Gäste der Sozialabteilungen des Bezirksamtes Pilsen und des Bezirks Oberpfalz durch die Räumlichkeiten der Regensburger Werkstätten der Lebenshilfe in Obertraubling und durch die Förderstätte Burgweinting. (Foto: Markus Meinke, Bezirk Oberpfalz)